Elara saß spätabends auf ihrem Sofa, den Laptop auf den Knien. Sie wollte eigentlich noch ein Projekt fertigstellen, doch plötzlich fror der Bildschirm ein. Sekunden später erlosch das Licht im gesamten Zimmer. Mit geweiteten Augen starrte sie auf das dunkle Display.
Verunsichert trat sie ans Fenster. Draußen über Berlin glitzerten die Sterne ungewöhnlich klar – die Lichter der Stadt waren verschwunden. Nur wenige vereinzelte Fenster leuchteten schwach, vielleicht von Taschenlampen oder Kerzen. Ein Stromausfall.
Zurück in ihrem Zimmer zündete Elara Kerzen an und setzte sich mit dem Handy an die Wand. Doch auf dem Display blinkte nur das Symbol: Kein Signal. Kein Internet, kein Netz. Sie lauschte in die Stille und fragte sich, wie lange dieser Ausfall dauern würde. Im Treppenhaus hörte sie dann die Stimmen ihrer Nachbarn.
Vorsichtig öffnete sie ihre Wohnungstür. Im Treppenhaus saß Klaus, der alte Mann aus dem zweiten Stock, er hatte ein altes batteriebetriebenes Radio aufgestellt und neben sich eine Taschenlampe auf dem Boden liegend. Kerzen standen auf den Stufen und warfen ein warmes Licht. „Kein Empfang, nur Rauschen“, murmelte er, als er sie bemerkte.
Kurz darauf kam ein junges Mädchen hinzu. Ihr Name Larissa, aus dem vierten Stock. Gemeinsam standen sie im Flur, jeder mit derselben Mischung aus Anspannung und Neugier. Fremde wurden plötzlich zu Vertrauten, verbunden durch die Dunkelheit und das flackernde Licht der Kerzen.
Ein Klopfen an der Nachbartür: Lena und Tim, das junge Paar aus dem dritten Stock, trat heraus. Lena mit einem Kuchen voller brennender Kerzen, Tim mit einem Keks im Mund. „Wenn schon kein Strom, dann wenigstens was Süßes!“, lachte er. Für einen Moment wurde die Stimmung leichter.
Elara setzte sich zu Klaus auf die Treppe. Sie unterhielten sich über frühere Zeiten, lachten über die Situation und teilten, was sie hatten. Elara erfuhr, dass Klaus früher Musiker war und Lena und Tim gerade erst nach Berlin gezogen waren.
Auch das junge Paar machte es sich auf den Stufen gemütlich. Sie teilten Kekse, erzählten Witze und lachten. Der Stromausfall, der eben noch bedrohlich wirkte, verwandelte sich in einen unerwartet schönen Abend.
Plötzlich summte das Licht im Flur wieder auf. Ein Jubelschrei ging durch das Treppenhaus. Die Lampen brannten, der Strom war zurück. Elara und Klaus gaben sich lächelnd die Hand. Aus Fremden war über Nacht eine kleine Gemeinschaft geworden.
Am nächsten Morgen, als Elara das Haus verließ, traf sie Lena und Tim an der Tür. Sie winkten ihr zu. Sie sah Klaus, der gerade seinen Müll rausbrachte. Er nickte ihr zu. Der Stromausfall hatte etwas ins Rollen gebracht – ein Gefühl von Zusammenhalt, das Elara vorher nicht gekannt hatte.