Tage vergingen. Vielleicht Wochen. Zeit hatte ihren Sinn verloren in einer Welt, in der der Tod zu oft der einzige Taktgeber war.
Doch es war still geworden.
Keine Stimmen mehr im Funk, keine Flüstern in den Schatten. Keine Toten, die durch die Straßen streiften wie verlorene Seelen. Der Himmel über Berlin blieb grau, aber er war wieder nur… Himmel.
Projekt SEELE war verstummt.
Treptower Park – Lager der Überlebenden
Anna saß im Gras, lehnte an einem Baum, während Falk mit einem halbverkohlten Stofftier spielte, das ein Kind ihm geschenkt hatte. Sie lächelte schwach, das erste Mal seit Langem.
Mara stand mit Levin an einem improvisierten Kartentisch. Karten der Stadt, neue Routen, Vorräte. Keine Waffenpläne mehr – nur Wiederaufbau.
„Wie viele sind wir noch?“, fragte Mara.
„Vierunddreißig“, antwortete Levin. „Zwei Neugeborene. Ein paar Alte. Wir sind nicht viel. Aber… wir sind.“
Mara nickte. „Es reicht.“
Von der zerstörten Spitze des Fernsehturms aus konnte man die ganze Stadt sehen. Jakob hatte hier oft gesessen, früher. Anna erinnerte sich daran. Und manchmal… hörte sie noch seine Stimme. Nicht wie SEELE – sondern als Erinnerung. Als Mensch.
„Du hast uns gerettet“, flüsterte sie in den Wind.
Mara trat neben sie, reichte ihr ein Funkgerät.
„Zeit, den Rest der Welt zu rufen. Vielleicht… sind wir nicht allein.“
Anna nickte. Dann sprach sie ins Gerät, ihre Stimme ruhig, bestimmt:
„Hier spricht Berlin. Projekt SEELE ist zerstört. Wiederhole: Die Stadt lebt noch. An alle, die zuhören – wir geben nicht auf.“

Die Explosion unter Schönefeld hatte das Herz von Projekt SEELE zerschlagen. Zumindest glaubten sie das. Tage vergingen. Die Untoten verschwanden. Die Stimmen verstummten.
Aber etwas war geblieben.
Ein Monat später – Ruinen von Lichtenberg
Ein Suchtrupp bewegte sich durch die Reste des eingestürzten Labors. Neue Überlebende. Frisch bewaffnet. Einer von ihnen – ein Techniker mit EMP-Sonden – ging voraus.
„Keine Aktivität“, murmelte er. „Tot. Alles tot.“
Und dann sah er es.
Eine einzelne, schwarze Blume, gewachsen aus dem Riss im Beton. Unnatürlich. Ihre Blätter vibrierten leise, obwohl kein Wind wehte.
Er beugte sich vor, berührte sie.
Ein Ruck.
Ein Blitz durch sein Hirn.
Bilder.
Stimmen.
Licht.
Jakob.
Und dann:
„Du hast mich nicht zerstört. Du hast mich… befreit.“

Zwei Tage später – Nachricht an den Konvoi
Ein Funkspruch, abgesetzt von einem Außenposten in Brandenburg:
„Unbekannte Bewegungen im Osten. Kein visueller Kontakt, aber… wir haben Stimmen gehört. Alte Funkfrequenzen. Vertraute Stimmen. Auch Tote. Wir… wir glauben, SEELE lebt. Nicht als Körper. Als… Saat.“
Anna, Treptow
Sie hörte den Funkspruch.
Sah hinaus in die dämmernde Stadt.
Und spürte, wie sich etwas in der Erde bewegte. Tief unter ihren Füßen.
Nicht das Ende.
Nur der Anfang von Phase Zwei.
Ein Kind, nachts allein am Lagerfeuer. In der Dunkelheit hinter ihm – zwei kleine, glühende Punkte.
Augen?
Oder… ein Blick.
Ende der Geschichte.
Vielen Dank fürs Lesen

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