Der Entschluss
Markus lebt seit seiner Rückkehr in einem Zustand zwischen Realität und Wahnsinn. Nacht für Nacht träumt er von Mara. Von dem Nebel. Von dem Symbol. Und jedes Mal hört er ihre Stimme:
„Du hast mich gefunden. Du kannst mich zurückholen.“
Er weiß, dass sie noch dort ist – irgendwo in diesem unmöglichen Ort zwischen den Welten. Niemand glaubt ihm. Die Polizei zuckt mit den Schultern. Seine Vorgesetzten sprechen von Überarbeitung.
Doch Markus beginnt zu recherchieren: seltsame Gebäude, verschwundene Personen, urbane Legenden über „fahrende Portale“. Je tiefer er gräbt, desto mehr erkennt er: Der Aufzug ist kein Einzelfall. Es gab andere Orte. Andere Zugänge.
Aber dieser hier ist noch offen.
Die Vorbereitung
Markus kehrt heimlich ins Gebäude zurück – nachts, mit Taschenlampe, Seil, Spiegel und einem antiken Schutzamulett, das er aus einem Archiv alter okkulter Schriften kopiert hat. Er ist bereit. Er weiß, was er riskieren muss. Und er weiß, dass er nur eine Chance hat:
Er darf sich nicht erinnern, woher er kommt – sondern nur, warum er geht. Um sie zu holen.
Er betritt den Aufzug, drückt den grauen Knopf. Die Türen schließen sich.
Der Abstieg beginnt erneut.
Das Labyrinth der Vergessenen
Der Nebel ist dichter als je zuvor. Die Schatten greifen nach ihm, versuchen ihn zu verführen, ihm Bilder seiner Vergangenheit zu zeigen – seine Kindheit, seine verstorbene Mutter, sein altes Zuhause. Doch Markus presst das Amulett an seine Brust, flüstert Maras Namen wie ein Mantra.
Er folgt einer Spur – einer schwachen, aber leuchtenden Linie am Boden. Sie scheint von Mara zu stammen, als hätte sie ihm einen Weg hinterlassen. Immer tiefer führt sie ihn durch verzerrte Korridore, vorbei an geflüsterten Stimmen und Augen, die aus der Dunkelheit blitzen.
Dann hört er sie – diesmal ganz nah.
„Markus… hinter dir!“
Konfrontation mit dem Wächter
Eine riesige Gestalt steht vor ihm. Kein Gesicht. Keine Stimme. Nur Präsenz. Der Wächter des Zwischenraums. Ein uraltes Wesen, das die Seelen bindet, die vergessen wurden.
Markus weiß: Er kann nicht kämpfen. Aber er kann sich erinnern.
Er ruft all die Erinnerungen an Mara in sich hervor: ihr Lachen im Pausenraum, die Art, wie sie immer zu viel Zucker in den Kaffee kippte, wie sie an ihrem ersten Tag nervös ihren Ausweis fallen ließ. Mit jeder Erinnerung flackert das Licht in der Dunkelheit heller auf.
Das Wesen windet sich. Es hasst Erinnerungen. Denn Erinnerungen geben Identität. Und Identität ist der Schlüssel zurück.

Die Rückkehr
Markus findet Mara. Sie ist schwach, fast durchsichtig. Doch als er sie berührt, wird sie wieder klarer. Fester. Sie beginnt zu weinen – stumm, aber erlöst. Zusammen rennen sie zurück, der Lichtspur folgend, während der Nebel um sie her wütet.
Der Aufzug wartet. Die Türen sind offen. Sie springen hinein.
Im letzten Moment greift ein Schatten nach Markus‘ Bein – doch Mara tritt zu. Die Türen schließen.
Stille.
Dann fährt der Aufzug. Aufwärts.
Wieder an der Oberfläche
Der Aufzug hält. Die Anzeige zeigt wieder „0“. Die Türen öffnen sich.
Markus und Mara treten hinaus – blass, zitternd, aber lebendig. Es ist hell. Es ist laut. Es ist die reale Welt.
Doch der Knopf mit dem Symbol ist verschwunden.
Epilog: Was bleibt
Mara und Markus kündigen. Sie sprechen nie öffentlich über das Erlebte. Doch manchmal, wenn sie sich treffen, werfen sie einen Blick auf den Himmel – und flüstern:
„Er ist nicht weg. Nur verschlossen.“
Denn Türen können geschlossen werden.
Aber manche Orte warten.
Immer.
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