In einer vergessenen Ecke der Welt, verborgen hinter nebligen Wäldern und finsteren Mooren, thront Burg Eldengar – ein uraltes Gemäuer, dessen Mauern vom Flüstern vergangener Zeiten durchdrungen sind. Niemand aus den nahen Dörfern wagt sich dorthin, denn mit dem letzten Glockenschlag der Mitternacht beginnt sich etwas in der Dunkelheit zu regen.
Sie nennen sie die Wächterin der Schatten.
Einst war sie eine Adelige, erzählt man sich – Leandra von Eldengar, Tochter des Grafen, die mit der Gabe des Sehens geboren wurde. Ihre Augen leuchteten wie die Sterne selbst, durchdrangen Lügen, sahen hinter Masken und erblickten Dinge, die kein Mensch je sehen sollte. Als der Schwarze Krieg das Land heimsuchte, verschrieb Leandra sich den uralten Mächten, um Burg und Blutlinie zu retten. Doch Magie hat ihren Preis.
Im Tausch für Unbesiegbarkeit wurde ihre Seele an die Dunkelheit gebunden. Seit jener Nacht streift sie durch die Hallen der Burg, in eine Rüstung aus schwarzem Leder gehüllt, ihre Augen weiterhin leuchtend, doch nun durchzogen von der Macht der Schatten. Sie bewacht das Tor zwischen den Welten – das Portal, das tief unter Eldengar verborgen liegt und das Schlimmeres als den Tod selbst hervorzubringen vermag.
Einige berichten, sie hätten sie gesehen: Eine langhaarige Frau, mit kaltem Blick, aus dem das Licht der Anderswelt strahlt. Wer sie sieht, ist dem Tod geweiht – oder auserwählt. Denn Leandra sucht keinen Krieg, sondern ein Ende. Nur ein Herz, frei von Furcht und rein im Geiste, kann ihr die Erlösung bringen, auf dass sie endlich ruhen darf.
Bis dahin bleibt sie dort, im Zwielicht der zerfallenen Gänge. Eine Legende. Eine Mahnung. Eine Wächterin.
Und wenn der Wind durch die Zinnen weht, flüstert er ihren Namen:
Leandra … die, die niemals ging.

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